Werkbeschreibung Tischinstallation 2002/1
Stephan Reisner 2010 Berlin
A table is a table is not a table...
Ein Tisch mit einem lebendigen Tischtuch aus Kresse. Darauf zwölf feine Gedecke. Jedes Glas mit Wasser befüllt. Auf jedem Porzellanteller eine Portion Ton dargereicht. Zwölf Mal Wasser, Ton, und Gedecke. Warum ausgerechnet zwölf?
Ist der Tisch eine Anspielung auf das Märchen von Dornröschen? Das eine scheint zum andern nicht zu passen: Der grüne Naturtisch nicht zum künstlichen Gedeck, der eingetrocknete Lehm nicht zum Speiseteller, das saubere Glas Wasser nicht zur erdigen Speise, die Kresse nicht zu den Rosen im Märchen.
Zwölf Gedecke auf einem grünen Tisch, zwölf Mal ein Porzellanteller mit einer dünnen getrockneten Tonscheibe, flankiert von einem Glas randvoll gefüllt mit Wasser, von Kohäsionskräften am Überlaufen gehindert. Zwölf Mal ein Essen, das keines ist. Es sei denn, etwas Kresse wüchse plötzlich aus der Tonerde. Will die Installation an den ursprünglichen Zusammenhang von Natur, Arbeit und menschlicher Kultur erinnern?
A rose is a rose is a rose...
Vielleicht soll an dem Tisch gar nicht gegessen werden? Ist er ein verkappter Arbeitstisch? Wasser und Erde werden auf den Tellern gemischt und zu neuen Kressekulturen angelegt. Warum dann nicht gleich von der gewachsenen Kresse des Tisches nehmen?
Die Verwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi wird in der katholischen Theologie als Transsubstantiation bezeichnet. Der Tisch, der einem massigen Natur-Altar gleicht, weckt Assoziationen rund um das letzte Abendmahl. Leonardo Da Vincis berühmtes Wandgemälde: Die farbenprächtige Vornacht des Todes. Warum aber zwölf und dann nicht dreizehn Gedecke?
Es scheint keinen Anfang und kein Ende zu geben auf diesem Tisch. Der Betrachter gelangt von einer Frage zur nächsten, ohne eine eindeutige Antwort zu finden. Immer entzieht sich etwas dem Zugriff. Darf denn ein Betrachter anders als reflektierend an ein Kunstwerk herantreten? Dürfte er beispielsweise das Wasser zum Lehm gießen? Oder damit die Kresse wässern? Wäre die Kunst dadurch nicht in Natur zurückverwandelt? Verflüchtigt und aufgehoben in einer menschlichen Handlung?
A table is a table is not a table